Geschichten

Zeitungsnotiz über den Besuch der Waisenkinder auf dem deutsch-amerikanischen Volksfest, Messenger 07.09.1957, Foto: Steiger. MARCHIVUM

Strahlende Kinderaugen

Das erste deutsch-amerikanische Volksfest vom 1. bis 8. September 1957

In der ersten Septemberwoche des Jahres 1957 findet im Benjamin-Franklin-Village in Mannheim-Käfertal das erste deutsch-amerikanische Volksfest statt. Organisiert wird es vom lokalen US-amerikanischen Jugendwerk („American Youth Activities Organization“, AYA), das mit dem Erlös den Ausbau von Bildungsstätten und Unterhaltungsmöglichkeiten finanzieren will.

Wie wäre es mit einem kleinen Rundgang über dieses erste Volksfest? Für den Eintritt berappen Erwachsene 20 Pfennig, Kinder 10 Pfennig. Oder doch lieber eine Dauerkarte für 2 bzw. 1 DM? Dann kann man das neun Tage währende Fest beliebig oft besuchen. Allerdings öffnen sich die Pforten erst um 13 Uhr. Kinder dürfen sich bis 17 Uhr, Erwachsene bis 23 Uhr vergnügen.

Jetzt aber rein ins Vergnügen! Mal sehen, was gerade in der großen Arena geboten wird, die 3.000 Sitzplätze bietet. Oder besser zuerst die „Wasserschau“ ansehen? Die Kinder möchten sicher auf einem der Karussells und mit dem Autoscooter fahren. Besonders beliebt dürften bei ihnen zudem die „Tom und Jerry“-Trickfilme sein! Viele weitere Stände, etwa Losbuden und Schießstände, reihen sich aneinander. Auch deutsche Schausteller haben hier ihre Attraktionen aufgebaut.

An das leibliche Wohl des Publikum ist natürlich ebenfalls gedacht. So darf ein Bierzelt nicht fehlen, in der sogar die bayerische Trachtenkapelle Lorenz-Busch spielt. Genauso gibt es aber auch US-amerikanische Spezialitäten, die dem Mannheimer Gaumen noch nicht so geläufig sind: etwa American Ice Cream oder Hot Dogs, die im lokalen „Mannheimer Morgen“ vorsichtshalber noch übersetzt werden als „heiße Hunde“, die so etwas wie „Frankfurter Würstchen“ seien.

Das erste Mal ein Eis in ihrem Leben schlecken einige Waisenkinder, die am Sonntag unter Leitung von Captain W. H. Tarrant das Volksfest besuchen dürfen. Mithilfe von Angehörigen der Military Police (MP) und amerikanischen Frauen war der Ausflug vom katholischen Waisenhaus Sankt Joseph auf das Fest organisiert worden. Auch in den folgenden Jahren wird es solche Charity-Aktionen geben.

So ist das erste deutsch-amerikanische Volksfest der Auftakt zu einer fortan jährlich stattfindenden Tradition, die regelmäßig tausende Ortsansässige anlockt. Erst 2010, ein Jahr vor Schließung der Garnison, wird das letzte Volksfest gefeiert.

Andrea Perthen